Jury Entscheidungen zum 8. Neiße Filmfestival

Das Neisse Filmfestival hat schon wieder seine Aufgabe erfüllt. Die Filmwelt , mit ihren  verschiedenen Filmgeschichten,  ihren unterschiedlich Stilen und Qualitäten., dreier Ländern begegneten sich. Schon wieder haben diese Tage gelehrt, auf uns gegenseitig mit Interesse zu schauen. Kennen lernen bedeutet versuchen zu verstehen, zu akzeptieren. Und nicht manchmal gleichgültig vorbeigehen. Wir sind Nachbarn, aber wir sind auch alle Europäer. Was uns verbindet, ist die Zeit, in der wir erwachsen werden, die Welt beobachten und nach unserem eigenen Weg suchen. Das Festival der drei Kulturen ist das öffnen der Augen für meinen Nächsten. Manchmal für den Nachbarn, manchmal für einen Helden von vor 50 Jahren, dessen Geschichte in einer Filmlegende mit einer universellen Botschaft überdauerte.

In der diesjährigen Auflage des Festivals erregte besonders ein Aspekt unser Aufsehen: als wir nach einem gemeinsamen Nenner für so unterschiedliche Filme suchten, fiel uns eine besorgniserregende Tatsache auf: in 11 Wettbewerbsfilmen haben wir keinen starken männlicher Charakter gefunden. Was ist passiert, dass das heutige Kino so sehr verweiblicht ist? Warum werden aus interessanten, starken, determinierten, suchenden Frauen, die öfters Opfer männlichen Versagens, des gesellschaftlichen Missstandes, der Schwäche und Degeneration sind sowie betrogene, auf verschiedene Art und Weise ausgenutzte Frauen, oder einfach Frauen, die bei ihren Partnern keine Unterstützung finden, oft Heldinnen? Männliche Hauptfiguren des 8. Neisse Filmfestivals sind für uns ein Frage- und gleichzeitig ein Ausrufezeichen. Zufall? Oder Zeichen der Zeiten?

Während des Festivals haben wir die Möglichkeit, wie in einer Linse ein Porträt der menschlichen Verfassung unser Zeit zu sehen. Die Filmemacher wählen die Themen ihrer Filme häufig aus tiefstem Herzen oder aus ihrer ausgezeichneten Fähigkeit zur Wahrnehmung der Realität. So war es auch bei der diesjährigen Ausgabe unseres Festivals.

Wir danken daher den Organisatoren des Festivals für die Wahl der Filme, für die Möglichkeit, diese in so einem (Zuschauer)Kreis sehen zu können, für eine wunderbare Festivalatmosphäre und vor allem für das, was von solch unschätzbarem Wert ist: eine riesige und sogar geradezu eine ansteckende Leidenschaft für die Arbeit. Ungeduldig warten wir auf die nächste Ausgabe und drücken dem Kunstbauerkino Verein die Daumen! Weiter so!

 

Malgorzata Zacharko, Pepe Planitzer, Kristina Dufkova (Jury Wettbewerb)

 

 

Wettbewerb Spielfilm

2000,- EUR

gestiftet vom Landkreis Görlitz

 

"Sehr geehrte Damen und Herren,

bei der diesjährigen Auflage des Filmfestivals haben wir ein paar großartige und wunderbare Filme präsentiert bekommen.  Mit jedem gesehenen Film ist uns klar geworden, dass die Entscheidungsfindung alles andere als leicht zu sein scheint. Jeder weitere Film spricht neue Aspekte an, führt neue Qualitäten, neue Gedanken und Inspirationen ein.  Diese haben sich bei uns eingeprägt und über die haben wir stundenlang Gespräche geführt. Wir hatten mit verschiedenen Filmqualitäten zu tun und aufgrund dessen viel darüber diskutiert,  welches Kriterium  für die  Entscheidungsfindung ausschlaggebend ist. Die uns vorgestellten Filmvorführungen zeichnen sich durch Reife, ein hohes künstlerisches Niveau  aus, Weltklasse-Filme, wie "Das böse Haus" von  Wojciech Smarzowski "Fesseln"  von Radim Å pa?ek, "Protektor"  von Marek Najbrt, "Mutter Theresa der Katzen" von PaweÅ‚ Sala.

Wir haben auch Filme gesehen, die auf wunderbare und außerordentlich aufmerksame Art und Weise über die uns nahestehende Wirklichkeit erzählen, indem  sie  sie sehr ausführlich beobachten, beunruhigende und brennende Fragen bezüglich unserer Verhältnisse, unsere Beziehungen, der Unvollkommenheit der Liebe und der Hölle, die wir uns selber in der engsten Umgebung antun, ansprechen. Zu diesen Filmen gehören: "Cindy liebt mich nicht" von Hannah Schweier und "Dreamers" von Jitka Rudolfova.

Nach jedem Film fiel uns eine Entscheidung schwerer. Dazu kommt noch die atemberaubende Filmführung  von Dorota Kędzierzawska "Jutro będzie lepiej (Morgen wird es besser)", eine sensible und emotionale Erzählung über eine ungebrochene Stärke und Hoffnung auf eine bessere Welt, die gegen alle Widrigkeiten des Schicksals kommt  und die Suche nach einer besseren Welt,  um jeden Preis.  Wir bewundern die wundervolle Arbeit mit Kindern, ihre unbestrittene professionelle Schauspielerei, die voller kindlichen Wahrheit und Naivität ist.

Nach langen Gesprächen beschlossen wir, die Geschichte auszuzeichnen, die sich täglich, vielleicht hundertmal in jeder Stadt weltweit, vor unserer Haustüre abspielt, und die die Regisseurin dieses Filmes der sie umgebenden Wirklichkeit entnommen hat. Diese Geschichte erzählt über einen außerordentlich starken Charakter, dessen Stärke darin steckt, dass er eine Menge Fehler begeht, sehr naiv handelt und unbedarft versucht zu überleben und die ihm nahestehenden Personen vor der Welt, welche keine Chance für das normale Leben hat, zu schützen. Das ist eine Erzählung über den Kampf zwischen dem Egoismus und der Verantwortung für den anderen Menschen.  Die Geschichte über den inneren Konflikt der Mutter und des jungen Mädchens zugleich, das in der brutalen Welt dem eigenem Schicksal überlassen ist und auf keine Unterstützung von außen rechnen kann. Die Regisseurin dieses Films kam auf diese  Geschichte im Sandkasten eines gewöhnlichen Berliner Wohnviertels. Auf außerordentlich sensible Art und Weise ist diese Erzählung auf die Filmsprache übertragen worden und trotz geringer Mittel für die Produktion dieses Filmes ist ihr eine authentische Verfilmung gelungen. Der Preis, den wir diesem Film verleihen, soll ihm und der Regisseurin die gebührende Aufmerksamkeit widmen. Man soll nicht an "abgebrannten" Menschen gleichgültig vorbeilaufen.

Den Hauptpreis verleihen wir also Verenie S. Freytag für den Film "Abgebrannt ".

 

Jury: Malgorzata Zacharko (Produzentin), Pepe Planitzer (Regisseur), Kristina Dufkova (Produzentin)

 

Kurzfilmwettbewerb

500 EUR

gestiftet vom Studentenrat der Hochschule Zittau / Görlitz und Neiße Filmfestival

 

"Skotos"

Regie: Daniel Rübesam

 

Ein Kurzfilm im besten Sinne des Wortes ! Er vermittelt in 8 Minute ein aktuelles und hochbrisantes Thema. Ab dem ersten Moment entsteht eine Spannung, die den Zuschauer nicht mehr loslässt.
Aus wechselnden Perspektiven erlebt das Publikum, eine dramatische Auseinandersetzung in die der Hauptdarsteller couragiert eingreift. Dem Regisseur gelingt es, ohne Schönmalerei die Problematik darzustellen. Auch wenn es kein Happy "“ End gibt, macht der Film Mut.

Jury: Arite Richter (Kultur- und Kinoverein Ebersbach), Stephan Dienel (Stura Hochschule Zittau-Görlitz), Patrick Weißig (Hillersche Villa Zittau)

 

Spezialpreis

550,- EUR

gestiftet vom Filmverband Sachsen

 

"Little Poland - Berliner seid..."

Regie: Sabine Zimmer, Sandra Budesheimer

"Preisträger des mit 550€ Preisgeld dotiertem und erstmals vom Filmverband Sachsen gestifteten Preises für Toleranz und gegenseitigen Respekt ist der Dokumentarfilm "Little Poland. Berliner seit..." von Sabine Zimmer und Sandra Budesheim. 

Sabine Zimmer erkundet auf freundliche und unaufgeregte Art die in Berlin lebende polnische Diaspora. Dabei erfährt man, dass jenseits überhitzt geführter Integrationsdebatten die Bewahrung der eigenen kulturellen Identität und die Integration in eine andere Gesellschaft kein Widerspruch darstellen muss. 

Die unbefangene Gesprächsführung mit den Protagonisten sowie seine ansprechende filmische Umsetzung machen den Film zu einem würdigen Preisträger.

Die überschaubare Anzahl an Einreichungen, die für den Preis bereit standen, zeigt die Notwendigkeit, diesen Preis zu verleihen. Wir als Jury sowie der Filmverband Sachsen fordern daher Filmemacher und Künstler in allen drei Ländern dazu auf, die von der Politik und den Förderinstitutionen bereit gestellten Werkzeuge der internationalen Zusammenarbeit zu nutzen. Nur durch respektvollen Umgang und die Beschäftigung miteinander können aus Nachbarn Freunde werden!"

 

Jury: Christian Zimmermann (Filmverband Sachsen), Frauke Wetzel (Kulturmanagerin Collegium Bohemicum), Thomas Musilek (Theaterintendant Varnsdorf)

 

Besondere Einzelleistung

100,- EUR

gestiftet von Herrenmode Gullus Zittau

 

"Halbe Portionen"

Regie: Martin Busker

vergeben von Neiße Filmfestival

 

Der Preis wird vergeben zu gleichen Teilen an Mohammed Aslan und Lorenz Hader, die mit einer besonderen Leichtigkeit den schmalen Pfad zwischen komödiantischen und Ernsthaftigkeit,  in einer Geschichte von Solidarität und Freundschaft, intensiv und mit Freude am Spiel ausbalancieren.

Publikumspreis

500,- EUR

 

"Verriegelte Zeit"

Regie: Sibylle Schönemann